Die Blutgräfin und der Beatboxer

Die Blutgräfin und der Beatboxer

Alles kann man den Burgenländern vorwerfen, nur Kreativlosigkeit nicht: Auf meiner fünftägigen Rundreise durchs österreichische Burgenland konnte ich mich von der Kreativität der Einwohner selbst überzeugen. Ich hatte schlaflose Nächte in der Ritterburg der Blutgräfin, brannte meinen eigenen Schnaps am Tisch, sang mit Beatboxer Fii und konnte mit einer Motorsäge Kunstwerke erschaffen.

Gestartet ist die Reise in Kukmirn, einem kleinen Dorf am unteren Zipfel des Burgenlandes. Diese Umgebung ist vor allem für seinen Schnaps bekannt, der Obstanbau hat dort eine lange Tradition. Birnen, Äpfel und Kirschen werden dort schon seit 1339 angebaut. Im Hotel „Lagler“ konnte ich dann selbst erfahren, wie Schnapsbrennerei funktioniert. Mit einer kleinen „Schnapsbrennanlage“ und unter Anleitung des Schnapsbrennmeisters Franz Simon haben wir am Tisch selbst Schnaps gebrannt. Das Verfahren dabei ist ganz einfach: Sud bis kurz vorm Siedepunkt erhitzen und den Dampf in einer Spirale kühlen. Herausgekommen ist ein hervorragender 72prozentiger Schnaps, den der Braumeister mit Wasser soweit verdünnt hat, dass er als 40prozentiger Schnaps trinkbar gemacht wurde. „Alles legal“, so der Brennmeister. „Wir haben eine Lizenz, um bis zu 2 Liter Schnaps mit diesen Geräten am Tisch brennen zu dürfen. Na dann, Prost!

Auf dem weiteren Weg durchs Burgenland war die nächste Station das Freilichtmuseum in Gerersdorf. Durch den persönlichen Einsatz von Prof. Gerhard Kisser wurden dort seit den 70iger Jahren über 30 teilweise strohgedeckte uralte Wohn- und Wirtschaftsgebäude wieder aufgebaut und zu einem Freilichtmuseum gemacht. Mit vielen Helfern wurden nach und nach die Gebäude in mühevoller Kleinarbeit an ihrem ursprünglichen Standort abgetragen und auf dem Museumsgelände originalgetreu wieder aufgebaut. In den historischen Gebäuden werden heute auch Kurse, wie zum Beispiel Möbelrestauration, angeboten, bei dem eigene alte Möbelstücke unter fachlicher Anleitung wieder restauriert werden können.

Absolutes Kontrastprogramm zu den alten Häusern war die nächste Station: Bildein. Hier findet jährlich ein Rockfestival statt, das über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist. Mit „picture on“ finden sich in diesem Jahr am 10. Und 11. August tausende Festivalbesucher ein. Im Vorfeld dieses Festivals wird ein Rockseminar veranstaltet. Der Musikworkshop bietet Musikern die Möglichkeit unter Anleitung von Experten ihr musikalisches Talent zu erweitern und auf einem Festival aufzutreten. Unterricht am Tag, Sessions am Abend und viel Erfahrungsaustausch ist der Rahmen der Intensiv-Woche. Aufgeteilt auf 8 Seminarräume, die teilweise in Ställen sind, können die Musiker neue Techniken erlernen und vor allem eins haben: Spaß. Mit dabei in diesem Jahr ist der Wiener Beatboxer Fii, der im deutschsprachigen Raum vor allem durch seine Teilnahme an diversen Castingshows bekannt ist. Fii hat für mich „gebeatboxt“, festgehalten im Video.

Richtig gruselig wurde es auf unserem weiteren Weg in Lockenhaus. Auf der dortigen „Ritterburg Lockenhaus“ lebte Elisabeth Báthory, besser bekannt als die „Blutgräfin“. Sie soll nach vorhandenen Unterlagen viele Mädchen auf ihre Burgen gelockt haben, um sie dort auf vielfache Weise nackt zu Tode zu foltern. Auch die Foltermethoden hören sich richtig fies an: Fesselung, Schläge und Auspeitschung bis zum Tode, Schnitte mit der Schere, Stiche mit Nadeln, Verbrennungen mit heißem Eisen und Wasser, Übergießen mit Wasser im Frost, brennendes Ölpapier zwischen den Zehen, Ohrfeigen und Messerstiche. Insbesondere durch die Legende, sie habe im Blut der ermordeten Mädchen gebadet oder es getrunken, um sich selbst jung zu erhalten, bekam Báthory den Beinamen „Blutgräfin“. Nun gut, wie gesagt, in einer dieser Burg, der „Ritterburg Lockenhaus“ habe ich eine Nacht im Zimmer „Elisabeth“ verbracht. Und wie es sich für eine Ritterburg gehört, hatte sich das Wetter an dem Abend auch entsprechend angepasst: Gewitter, Sturm und Regen. Aber: Ich hab’s überlebt, von Gespenstern und Blutgräfin keine Spur.

Laut, staubig und richtig männlich ging es bei Michael Schlapschy zu, der einen Schnitzkurs mit Motorsägen anbietet. Der pensionierte Polizist betreibt seit Jahren dieses Hobby sehr erfolgreich und bietet entweder auf der Ritterburg oder bei sich zuhause diesen Schnitzkurs an. Wie aus einem Stück Baumstamm mit Hilfe von Motorsäge, Flex und Schleifpapier ein Kunstwerk entsteht, seht Ihr in meinem Video.

Die Vokal.Sommer.Akademie war der letzte Halt auf unserer Rundreise durchs Burgenland. Seit nunmehr zwölf Jahren hat Johann Pinter internationale Musikprofis zusammengetrommelt, die auf Schloss Esterhazy in Eisenstadt rund 125 Seminarteilnehmern zu musikalischen Dingen unterrichten. Ob Gospel, Jazz, Musical, Chanson, Rock, Pop, Improvisation, Arrangement, Stimmtechniken oder Bühnenarbeit – Einsteiger oder auch Fortgeschrittene können auf diesem Seminar aus vielen Inhalten wählen und von den Profis lernen. Am Ende der Veranstaltung findet traditionell das Konzert „VOICES best of“ statt, an dem ich teilnehmen durfte. Eindrücke aus dem Konzert könnt Ihr auf meinem Video sehen.

Pannonisch Wohnen

Unter dem Begriff verbirgt sich jede Menge Tradition. Gemeint ist Wohnen in schlichtem, jedoch gediegenem Ambiente. Überall im Land gibt es Häuser, modernisierte Landgüter oder edle Winzerhöfem die Zimmer vermieten. Hier kommt man mit den Vermietern direkt in Kontakt und kann sich von der noch jungen österreichischen Geschichte des Burgenlandes und vom Nachbarn Ungarn erzählen lassen. Exemplarisch für die vielen Wohnungen möchte ich gerne die Weinherberge Moritz erwähnen, die wirklich liebevoll und traditionell drei Zimmer vermieten. Das Wohnhaus wurde Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut. Sehenswert der Weinerlebnisparcours im Garten sowie die prachtvollen Zimmer und die Veranda.

 

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Mein herzlicher Dank gilt Kreativreisen Österreich, Kreativreisen Burgenland und Burgenland Tourismus, die mich ins Burgenland eingeladen haben. Im Text findet Ihr nur meine eigenen Ansichten.

Fotos & Text: Jörg Baldin